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Döbereiner-Kritik (17 Antworten)

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Am Dienstag, 2. Januar 2001 00:01:34 UTC+1 - lang ists her - schrieb Richard Vetter auf d.a.a.

> ... auch wenn ich mich
> nicht sonderlich wohl fühle mit einer Kritik am Meister, zumal ich nicht
> annähernd so viel wie er für die Astrologie geleistet habe.
> Ich habe Döbereiner nie persönlich kennengelernt, aber von seiner Astrologie
> sehr viel profitiert. Nobody is perfect, gerade auch ein Genie, so...
> Meine Kritikpunkte gehen von den Ebenen her etwas durcheinander, berühren
> auch Nicht-Astrologisches:
> Da wäre zuerst einmal die eigenartige Terminologie: Selbst-Aufhebung,
> Transzendenz, Selbstauflösung bzw. Herde, Beißhemmung und ähnliches. Man
> muss sich darunter etwas vorstellen können, zumal die Begriffe nur bedingt
> mit dem Alltagsgebrauch zusammenhängen. So hatte ich beispielsweise lange
> Probleme, zwischen "Selbstdarstellung" (Phase 3) und "Selbst-Ausdruck"
> (Phase 5) zu unterscheiden. In gewisser Weise muss man sich als
> eigenständiger Astrologe von den doch stereotypen Etiketten lösen. Gerade in
> einer konkreten Beratungssituation muss eine Übersetzungsarbeit in die
> Alltagssprache (des Horoskopeigners) geleistet werden. Dummerweise fungieren
> die Wendungen unter Insidern oft wie selbsterklärende Phrasen, werden von
> den Anhängern gern evangeliumsartig heruntergeleiert.
> Döbereiner tut manchmal so, als hätte es vor ihm keine Astrologie gegeben/
> als hätte er sie erfunden, und alle anderen Astrologen würden nichts taugen.
> Aber er hat auch irgendwo gelernt, ich glaube bei Frank Glahn. Sein
> Deutungssystem der Häuserherrscher ist ganz toll, gibt es aber schon ein
> paar hundert Jahre (Morin de Villefranche). Ziemlich neu ist seine
> Quadranteninterpretation, vor allem sein Dreischritt AS-Sonne-MC
> (Anlage-Verhalten-Ergebnis), auch seine Rhythmenlehre (7er etc.) und die
> entsprechenden Auslösungen. Nach meiner Erfahrung lässt sich jedoch nur in
> 50% der Fälle ein zu einer Auslösung passendes Ereignis finden - außer man
> sucht (mit anderen Rhythmen, mit dem 10er oder vorwärts), konstruiert neue
> Geburtszeiten, was natürlich das Ganze dann ziemlich fragwürdig bzw.
> beliebig macht.
> Seine mundanpolitischen Analysen - meist aus Septaren und Decaren (vorwärts
> und rückwärts) der Großen Konjunktionen abgeleitet - sind auch nicht
> besonders überzeugend (wenn man lange genug sucht, findet man in jedem
> Horoskop etwas).
> Undurchsichtig finde ich seine Astrokartografie und auch -meteorologie. Für
> letztere legte er nie eine schlüssige und umfassende Konzeption vor - prahlt
> nur ab und zu mit irgendwelchen zutreffenden Wettervorhersagen.
> Bei den Gruppenschicksalspunkten kam es im Laufe der Jahre zu einer
> Inflation: immer mehr, auch neue und andere Konstellationen seien an
> bestimmten Tagen wirksam. Vollständig ist der Tierkreis immer noch nicht
> abgedeckt; vor allem aber stört mich das Fehlen einer Theorie, eines hinter
> den Punkten befindlichen Systems (womit man sie besser verstehen könnte). Es
> gibt von Anfang der Siebziger ein ganz tolles (vergriffenes) Buch "Lebensuhr
> im Horoskop", worin er die Gruppenschicksale für jeden Geburtstag auf den
> Lebenslauf bezieht. Aber wie kommt er zu seinen Aussagen, was steckt
> dahinter? Er ist da einfach zu wenig transparent, so dass andere sein System
> nur "glauben" können... (Roscher verwendet m.W. ganz andere Punkte, wieso
> und warum weiß ich bei ihm allerdings auch nicht.)
> Sein bestes Buch ist (Astrologisch-Homöopathische) Erfahrungsbilder (Bd.1),
> worin er verschiedene Konstellationen wie Mond-Neptun oder Saturn-Uranus
> unglaublich treffend beschreibt. Aber die direkte Übertragung dieser
> Beschreibungen auf homöopathische Mittelbilder und ihre stalinorgelartige
> Anwendung ist eigtl. eine Katastrophe, da stehen jedem klassischen
> Homöopathen die Haare zu Berge.
> Da Döbereiner von anderen Astrologen nichts hält, setzt er sich auch nicht
> mit ihnen auseinander, diskutiert nicht (hält dies für zwecklos), zeigt kein
> sonderlich soziales Verhalten, keine Umgänglichkeit. Es gibt ein altes Foto
> von ihm, auf dem er einen Schäferhund an der Leine führt - d.h. buchstäblich
> der "Wolf-gang". Seine Aggression, Bissigkeit bzw. seinen Mars scheint er
> manchmal zumindest wenig im Griff zu haben. Ansonsten (Punkt Tratsch)
> scheint er noch Kettenraucher zu sein (in seinen Worten: "Neptun raucht" )
> und war mit seinen Fähigkeiten nicht dagegen gefeit, dass mehrere Ehen in
> die Brüche gingen (was ihn andererseits menschlich macht).
> Ich weiß nicht, ob er denkt die Wahrheit gepachtet zu haben, aber manchmal
> haut er jedenfalls ziemlich daneben (so deutete er etwa mir gegenüber
> Uranus-Neptun von Anfang der Neunziger als "Radioaktivität im Osten" ).
> Dies und seine juristischen Streitigkeiten wegen Plagiats (Diebstahl
> geistigen Eigentums) sind verständlich, wenn man an seine Pluto-Betonung (am
> Aszendenten) denkt. Doch - fischig oder neptunisch gesehen - wurden ihm
> seine Weisheiten doch auch nur geschenkt... (Wie lautete ein Plakat der
> Grünen vor zwanzig Jahren: "Wir haben die Erde von unseren Kindern nur
> geborgt." ) Typisch Pluto verkennt er manchmal auch völlig die Realität
> (sieht nur seine eigenen Vorstellungen und Bilder): ich fragte bei ihm mal
> an wegen eines Interviews für eine Zeitschrift; er blickte einfach nicht was
> ich wollte und gab mir die unverständliche Antwort "im Moment kein Interesse
> an einer Zusammenarbeit".
> Wie es sich für einen Starastrologen schließlich gehört, ist er ganz schön
> teuer: vor fünfzehn Jahren jedenfalls kostete eine mündliche Beratung - auf
> die er sich nicht groß vorbereitete - schon 500 Mark, für einen
> Normalmenschen kaum erschwinglich. Bekannte von mir waren von der Beratung
> nur teilweise angetan. In der Regel korrigiert er dabei erstmal den
> Aszendenten (mithilfe seiner Schicksalspunkte) - ein für mich ziemlich
> zweifelhaftes Vorgehen (es riecht danach sich ein Horoskop so hinzubiegen
> wie man es braucht)...

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